Bereich: Internet u. Medienkunst      Seite zuletzt bearbeitet: 13.02.04     Home

Netzkunst-Konzepte

SARA BURKHARDT

Die Beteiligung an und die Reflexion von Netzkunst kann im Kunstunterricht auch zu einer eigenen gestalterischen Praxis führen. Dabei geht es meist um einen Transfer von Verfahren der Netzkunst auf eigene Themenstellungen. Schüler einer Grundschule haben sich etwa mit Leslie Hupperts Projekt The Robe auseinandergesetzt. Bei den Arbeiten der Schüler sollten die digitalen Erfahrungen mit eigenen sinnlich-ästhetischen Erfahrungen verknüpft werden. In Leslie Hupperts Arbeit geht es um Kleidungsstücke und die jeweils dazugehörigen Geschichten, die von der Künstlerin seit 1995 gesammelt werden. Die Schülerinnen und Schüler wurden aufgefordert, ähnlich wie die Künstlerin, für sie bedeutungsvolle Kleidungsstücke zu suchen und dazu jeweils eine Geschichte zu schreiben. (Weshalb ist das Kleidungsstück dir wichtig?) Die Dinge, Fotos, Texte können auch in einer Ausstellung präsentiert werden. Am Rechner bearbeiteten (collagieren, verfremden, fragmentieren, animieren) die Schüler Fotos ihrer Objekte und verknüpften sie mit Beschreibungen, Geschichten, fiktiven Lebensläufen oder anderem Textmaterial. Je nach Unterrichtssituation bieten sich hier thematische Alternativen an: Vergessene Dinge, Dinge einer realen oder erfundenen Person, Dinge für die Zukunft, Dinge für die Insel etc.

Günter Wallraffs Hose

Schülerarbeit zu „The Robe“ (Powerpoint) 

Schülerarbeit zu „The Robe“ (Powerpoint) 

Zum Unterricht

Sinnlich-ästhetische Arbeit 

  • Recherche: Die Schüler suchen sich einen besonderen Gegenstand/ein Kleidungsstück zu dem sie eine Geschichte schreiben (Weshalb ist der Gegenstand/das Kleidungsstück dir wichtig?). Es kann auch eine Sammlung sein.
  • Alternativen: Dinge, die in Vergessenheit geraten sind. Dinge, die einer bestimmten Person, real/erfunden, gehören/gehörten und die diese Person in ihren Eigenarten/Vorlieben beschreiben 
  • Gestaltungsarbeit: Einzeln oder in Gruppen werden die Dinge, Fotos, Texte nach ausgesuchten Ordnungsmöglichkeiten arrangiert und in einer Ausstellung, einem Ensemble oder in Rauminstallationen präsentiert. 
  • Digitale und multimediale Arbeit 
  • Die Schüler nehmen Teile ihrer gesammelten Gegenstände und legen sie direkt auf den Scanner oder fotografieren sie digital 
  • Weiterbearbeitung im Rechner (collagieren, verfremden, fragmentieren, animieren), Verknüpfung mit erfundenen Geschichten, fiktiven Lebensläufen, Beschreibungen oder anderem Textmaterial. 
  • Zwischenstadien und die fertigen Präsentationen werden über Beamer gezeigt und auf ihre Entstehungsweisen, Aussagen und Wirkungen hin besprochen 
  • Besprechung von Ähnlichkeiten / Unterschieden zur Netzkunstarbeit von Huppert 

Arbeit mit dem Netzkunstwerk „The Robe“

  • Recherche und Präsentation: Leslie Huppert „The Robe“
  • Betrachten eines kurzen Filmes von Leslie Huppert (zu finden auf der Website) 
  • Gruppenarbeit mit der Netzkunstarbeit / Dokumentation der eigenen Wege, Notieren der Eindrücke, Kopieren der Netzseite u. Archivierung für spätere Besprechung in der Großgruppe
  • Aufgabe: Sucht euch (max. 3) interessante Kleidungsstücke und dazugehörige Geschichten aus und beschreibt, was zu sehen und zu lesen ist und weshalb ihr sie ausgewählt habt
  • Präsentation der Gruppenergebnisse
  • Lesen des Textes von Huppert (Website) – Was macht Huppert und was will sie damit erreichen?

Literatur

  • Dehn, Mechthild / Lüthe, Oliver / Hoffmann, Thomas / Peters, Maria: Zwischen Text und Bild. Schreiben und Gestalten mit neuen Medien. Freiburg: Fillibach Verlag, 2003
  • Peters, Maria: Magie der Dinge: Netzkunst 'The Robe' - Transformation in Schrift und Bild. In: Kunstunterricht mit neuen und alten Medien. Sinnlich-ästhetisch, digital, multimedial, geschlechterorientiert. Kulturelle Bildung im Medienzeitalter - Schwimmen lernen im Netz. Hamburger Beiträge zu BLK-Programmen, Heft 2. Behörde für Bildung und Sport Hamburg 2003

 

Kooperationsverfahren können für Schulen auch in fest vereinbarten Kooperationen zwischen wenigen Partnern erprobt werden. Beim Projekt Digitales Tagebuch: Spurensicherung Frankfurt-Saarbrücken haben Studierende aus Frankfurt und Schüler aus Saarbrücken via Mailingliste Themengebiete für gemeinsame Sammlungen erstellt. Neben realen Gegenständen wurde digitales Bildmaterial ausgetauscht. Die kollaborative Bearbeitung der Bilder war angestrebt und konnte auch partiell umgesetzt werden. Die Ergebnisse dieser Phase werden auf der Website des Instituts für Kunstpädagogik der J. W. Goethe-Universität präsentiert.


Ein Tag an der Bushaltestelle, Stanislav (Saarbrücken)


Weg Saarbrücken - Frankfurt, Viola (Saarbrücken) u. Dani (Frankfurt)


o.T., Mikhail (Saarbrücken)

 

In erweiterter Form beschäftigt sich das Kooperationsprojekt zwischen dem Frankfurter Institut für Kunstpädagogik und einem Hamburger Leistungskurs Kunst mit dem Thema Spurensicherung / Feldforschung / Netzkunst. Dabei werden die Möglichkeiten des Netzes erprobt. Die Teilnehmenden gehen von Netzkunstwerken aus, um in Anlehnung an eine künstlerische Vorgehensweise in die eigene Produktion einzutreten (z.B. Vito Pace: Kontora Mir, Vera Frenkel: Body Missing, Christine Meierhofer: Order a theft u.a.). So entstand ein erstes Repertoire möglicher Vorgehensweisen und künstlerischer Strategien.

Die Vorschläge wurden im virtuellen Projektraum bei CommSy diskutiert. Im Vergleich der Ideen der Schülerinnen mit denen der Studierenden zeigten sich Ähnlichkeiten in den Herangehensweisen, aber auch Schwierigkeiten bei der Verständigung. So hatten Schülerinnen z.B. Probleme mit der gemeinsamen Konzeption der Arbeiten, da dies ja auch einen Kontrollverlust des Einzelnen bedeutete. Es bildeten sich aber langsam Gruppen, die sich gegenseitig ergänzten, ihre Arbeit kommentierten und produktiv kooperierten. So gab es zum Beispiel eine Gruppe, die sich gegenseitig Aufgaben stellte und sich die Ergebnisse zuschickte. Die erste Aufgabe aus Frankfurt lautete: "Präsentiert euch auf einem öffentlichen Platz, an dem ihr euch wohl fühlt! Dabei wollen wir möglichst viel über euch erfahren." Die Hamburgerinnen wählten als öffentlichen Ort ihre Schule und sandten die entsprechenden Photos (s. Abb.). Es folgten weitere Aufgaben, die sich um die Stadt, öffentliche und private Orte, Kunst im öffentlichen Raum und persönliche Tagesabläufe drehten.

Eine andere Gruppe nahm sich die kooperative Netzkunstarbeit Gridcosm zum Vorbild und erstellte ein eigenes Quadrat mit neun Feldern, die nach und nach mit Bildbearbeitungen gefüllt wurden, wobei die Übergänge ineinander fließen mussten (s. Abb.). Durch den - zuerst nachahmenden - Umgang mit Netzkunst entstanden im teamorientierten Arbeiten neue, innovative Ideen, die internetspezifische Gestaltungsmöglichkeiten nutzten. Im Zuge der Durchführung wurden weitere virtuelle Kommunikationsmöglichkeiten erprobt: Das Forum wurde um eine Mailingliste für alle Teilnehmer und separate Diskussionsforen ergänzt. Die Teilnehmenden arbeiteten jetzt im CommSy direkt miteinander.

Die Schülerinnen des Leistungskurses erstellten, begleitend zum Austausch im Netz, auch reale Objekte, Photoserien und Bildbearbeitungen. Endprodukt des Vorhabens ist eine gemeinsame Website, die die Prozesse und Ergebnisse des gesamten Projektes zusammenfasst und gleichzeitig eine Arbeit für sich bildet (www.palcho.tk).